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FN erwache! Wann wird die FN kandarenreif?

von Fritz Stahlecker

 

Die Stahlecker-Kandare. (Foto: Phillip Weingand)

Die Stahlecker-Kandare. (Foto: Phillip Weingand)

Seit 2009 bemühe ich mich vergeblich um die Freigabe einer pferdegerechten Kandare. Mein umfangreicher Briefwechsel mit der FN ist vollkommen einseitig. Man denkt, ein 90-Jähriger kann nicht mehr lange kämpfen, dass sich das Thema von selbst erledigen wird.
Gegenargumente hat die FN bis jetzt nicht geliefert. Mein Eindruck: Die wissenschaftliche Abteilung der FN fühlt sich nicht sicher und versteht die eigene Kandare nicht. Man legt mir nahe, „zu verstehen, dass das Thema Stahlecker-Kandare seitens der FN anders beurteilt wird.“
Die heute gebrauchte Kandare ist mit einem schwerwiegenden, verhängnisvollen Konstruktionsfehler behaftet.
Statt im geometrischen Zentrum ist sie in der Öse des Oberbaums falsch aufgehängt. Fürs Pferd hat dies schmerzhafte Folgen:

A Die sinnlos steile Belastungskurve
Um den Extremitäten der Unterlegtrense Platz zu geben, muss der Einstellwinkel der Kandare 45 Grad betragen.
Das daher in schiefer Richtung wirkende Gebiss ist extrem scharf. Beim Annehmen der Zügel steigt der Druck in einer steilen Kurve harsch an. Für den Reiter kaum wahrnehmbar – die FN hat ihn nicht unterrichtet – wird bei geradlinig anstehendem Zügel das Pferdemaul mit über 15 Kilogramm belastet! Altmeister Otto Lörke, der erfolgreiche Außenseiter, wusste, weshalb er seine Pferde mit durchhängendem Zügel ritt! Für die Verständigung mit dem Pferd genügen Grammgewichte. Kein Zweifel, die zu steile Belastungskurve erschwert sinnlos die Handhabung der heutigen Kandare! Sie übersetzt minimale Handfehler ins Große!

B Das sinnlose Auf und Ab der Kandarenstange
Bedingt durch die falsche Aufhängung bewegt sich die Kandare im Maul 2 Zentimeter auf und ab. Beim Annehmen der Zügel steigt sie hoch, beim Nachgeben bewegt sie sich abwärts.
Im Pferdemaul geht es eng zu. Selbst bei einer langen Maulspalte kollidiert die Kandare beim Hochsteigen im Innern des Mauls mit der Unterlegtrense. Fürs Pferd ist dies mehr als unangenehm. Es kann schmerzhaft sein.
Aber nicht nur dies. Die beiden Gebisse stören einander und verlieren ihre Unabhängigkeit. Die Gebisskombination kann so schwerlich ihren Sinn erfüllen! Die Unterlegtrense ist nicht deshalb dünn, weil dies fürs Pferd gut wäre, sondern weil für eine normale, sanftere Trense der Platz fehlt. Sie ist eine Notlösung.
Um das Gegeneinanderstoßen der Gebisse zu mildern, wird die Unterlegtrense so hoch wie möglich eingestellt. Dass sie bei Zügelparaden gegen die Backenzähne stößt, kann nicht gut sein! Bedingt durch die hohe Einstellung wird eine von Natur aus kurze Maulspalte im Lauf der Ausbildung immer länger. Schon dies gibt doch zu denken!

Die HSH-Center-Kandare
Alle durch die falsche Aufhängung verursachten Fehler sind eindeutig behoben! Die Idee der Kandare ist technisch korrekt verwirklicht. Das Gebiss ist im Zentrum seiner Funktion aufgehängt. – So wie jeder Ingenieur es heute machen würde. Die gefundene Lösung ist denkbar einfach: Der Kopfriemen wird in beidseitige „Pilze“ der Kandarenstange eingeknöpft. Bei ihrer Betätigung dreht sich die Kandare um sich selbst. Somit gibt es nicht mehr das unsinnige Auf und Ab.
Das Gebiss bleibt konstant an seinem eingestellten Platz. Nun ist auch genügend Platz für eine etwas dickere und damit feinere Unterlegtrense. Dabei fällt die technische Korrektur so wenig ins Auge, dass Dressurrichter den unerlaubten Gebrauch der Kandare nicht bemerkt haben.
Wichtig ist, dass jetzt die Kandare nicht mehr 45 Grad geneigt eingestellt werden muss. Sie kann und soll in der Grundeinstellung annähernd parallel zum Pferdemaul sein. Dank der physikalisch verbesserten Druckrichtung ist die zu steile Belastungskurve umgewandelt in eine Kurve mit sanftem Anstieg. Beim Annehmen der Zügel steigt der Druck auf die Zunge viel langsamer an. Die Kandare ist nicht mehr spontan scharf. Kleine Handfehler – wer ist gegen sie gefeit? – sind nicht mehr schmerzhaft. Feines Reiten ist erleichtert, wesentlich!
Bewährung in der Praxis
Zahlreiche Amateure sind auf die HSH-Center-Kandare übergegangen. Sie bestätigen alle, dass ihre Pferde diese viel lieber annehmen und besser gehen. Die Turnierreiter unter ihnen verlangen die Freigabe. Niemand hat dafür Verständnis, dass die FN nicht reagiert.

Tradition will gepflegt sein.
Richtig! Aber dazu kann doch nicht die Behütung eines technischen Fehlers gehören!
Meine Kandare ist nicht neu!
Wie es sich erst vor kurzem herausstellte, hat vor mir der Altmeister Schoenbeck eine Kandare vorgeschlagen und gebraucht, die technisch korrekt im Zentrum aufgehängt ist.
Mein Vorschlag gehört somit zu der zu hütenden Tradition.
Die Zeit für eine pferdegerechte Kandare ist überreif!
Das letzte schändliche Geschehen in Aachen hat die Dressurreiterei weiter in Verruf gebracht. Der FN würde es gerade jetzt gut anstehen, der Szene eine entschärfte Kandare anzubieten.
Für die Rollkur ist die HSH-Center-Kandare ungeeignet.

Noch ein wichtiger Punkt: Die strotzende HSH-Center-Kandare ist fein
Von der FN lernen wir, dass die Kandare nicht strotzen darf. Ein von der Kavallerie übernommener Denkfehler! Mag sein, dass es in der Kavallerie keine guten Mathematiker gab. (Diese wurden dringend für die Artillerie gesucht.) Ich vertrete eindringlich die strotzende Einstellung, weil in dieser die Kandare sanft ist. Meine diesbezüglichen Berechnung wird durch die Praxis bestätigt. Den Pferde zulieb müssen wir umlernen.

Zusammenfassung
Sie wollen nicht gestalten
lassen alles schön beim Alten
Nichts hat die FN geschafft
fort und fort die Lücke klafft!
Den Kandarenfehler zu bekennen, zu beheben
Darf’s nicht geben!
Kaum zu fassen,
man will ihn stehen lassen!
Die Hoffnung fortbesteht,
dass unser Ruf nicht untergeht,
dass die FN
ohne Aber ohne Wenn
sich bewegt
sich regt.
Wann endlich geht es mehr um Pferde
Als um Denkmalwerte?

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Category: Aktuelle Themen

Comments (1)

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  1. Rüdiger Schmitz sagt:

    Vielen Dank für immer wieder fundierte Anregungen zur Zukunft einer modernen Reitkunst.

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