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Spannende Genetik: Neue Farbmutation bei Berberhengst entdeckt

Eine kleine Sensation gab es 2020 in Frankreich. Hier wurde durch das amerikanische Labor Etalon DX eine neue genetische Variante von dominantem Weiß bei einem Berberhengst und seinen Nachfahren nachgewiesen. Nicht nur dass Berberpferde in der Zwischenzeit ausgesprochen selten geworden sind, sondern auch die Tatsache, dass ihr Pferd zudem noch eine besonders außergewöhnliche Farbe vererbt, macht die Besitzerin des Berbers sehr stolz.

Im Departement Haute-Vienne lebt Ghislaine (die als Rislaine Point in Frankreich in den sozialen Medien bekannt ist) mit ihrem aus Marokko stammenden arabischen Berberhengst Aghilasse. Weil ihr Hengst schneeweiß ist, und Ghislaine vor hat mit ihm zu züchten, läßt sie seine genetischen Farbanlagen testen. In erster Linie ging es ihr dabei zunächst darum, auszuschließen, dass der Hengst das tödliche „Lethal White Overo Syndrome“ (Tödliches Weißes Overo-Syndrom) vererben könnte: „Ich wollte sichergehen, dass er und alle meine anderen Pferde für dieses Syndrom negativ sind.“ Im Zuge des Gentests wird ermittelt, dass Aghilasse dieses Syndrom nicht vererbt. Er besitzt aber auch keinen genetischen Hinweis auf die von Ghislaine zuerst vermutete Farbvariante Sabino. Als Sabino Overo oder Sabinos bezeichnet man gescheckte Pferde mit großen Abzeichen im Gesicht. Homozygote (reinerbige) Pferde mit Sabino-Gen sind fast weiß. Die Vermutung, dass Aghilasse aufgrund einer solche Veranlagung reinweiß ist, bestätigt sich also nicht, weswegen Ghislaine sich nun fragt, ob ihr Hengst vielleicht ein dominantes Weiß-Gen trägt.

Die Vermutung wird zur Sicherheit, als am 22. April 2020 Aghilasses Fohlen Kairaan geboren wird. Es ist ebenfalls schneeweiß. Seine Mutter ist eine Tobiano-Scheckstute. Ghislaine kontaktiert erneut das Labor Etalon DX, um mehr über die Genetik des kleinen Hengstes zu erfahren. Zu ihrer großen Überraschung teilt ihr das Labor mit, dass Kairaan zu 100% eine genetische Fuchsbasis aufweist. Ein zweites Fohlen- Kaïs- aus einer Traberstute, das ebenfalls Aghilasse als Vater hat, kommt auch schneeweiß zur Welt. Wieder schickt Ghislaine Mähnenhaare ihrer Pferde nach Amerika ins Labor.

Jetzt wird es erst richtig spannend, denn die bisher bekannten Varianten der Dominant White Mutation, können bei den Fohlen und dem Hengst nicht nachgewiesen werden. Die Forscher stellen stattdessen fest, dass alle drei Pferde eine neue Variante einer Dominant White-Mutation im KIT-Gen tragen. Diese neueMutation wird von ihnen W30 getauft. Sie sitzt an derselben Stelle wie die schon bekannte Variante W17, unterscheidet sich jedoch in ihrer Aminosäurezusammensetzung.

Ein bisschen Genetik:

Alle Pferde haben das KIT- oder KIT-Protoonkogenrezeptor-Tyrosinkinase-Gen. Die verschiedenen Varianten von Dominant White basieren alle auf diesem Gen. Die Funktionsform eines Gens, also die Art und Weise, wie ein Gen ein Merkmal ausprägt, wird als Allel bezeichnet.1 Jedes Gen kann mehrere Allele haben, die das Auftreten verschiedener Erbcharaktere bestimmen. Alle Pferde, die Dominant White tragen, weisen daher eine Mutation in einem Teil des KIT-Gens auf.

Aghilasse ist nun also offiziell Gründungsvater des W30-Allels. Die große Frage ist jetzt: Wie viele Pferde tragen diese Variante vielleicht schon in sich? Der Berberhengst hatte tatsächlich auch vor Kairaan und Kaïs schon Fohlen, die reinweiß zur Welt kamen. Es gilt jetzt zu schauen, welche Eigenschaften diese neue Variante tatsächlich hat. Ghislaine hat sich dazu auch mit dem Labor eingehend ausgetauscht. Sorgen machte ihr die Vorstellung, dass die helle Haut und das weiße Fell vielleicht besonders anfällig sein könnten gerade auch bei Sonneneinstrahlung. Das Labor warnt: Dort wo Ghislaine wohnt, ist die rosa Hautfarbe der Pferde wahrscheinlich kein Problem. Würden die Tiere jedoch in Marokko oder Kalifornien leben, könnten sie ein erhöhtes Hautkrebsrisiko haben. Aus der Erfahrung mit Aghilasse kann Ghislaine das aber nicht bestätigen. Im Gegenteil: Der Hengst wirkt sehr robust und ist bis zum Alter von acht Jahren in Marokko aufgewachsen. Offenbar hatte er nie Probleme mit seiner Haut. Ghislaine merkt aber auch an, dass die Berberpferde in allen Fellfarben eine widerstandsfähigere Haut zu haben scheinen als europäische Rassen. Ob das wirklich so ist, möchte das Labor in Zukunft näher untersuchen.

Schön finden wir, dass Ghislaine keines ihrer drei schneeweißen Pferde vor hat, zu verkaufen: „Sie stehen nicht zum Verkauf und werden auch nie zum Verkauf stehen. Ich möchte Spaß mit ihnen haben und ihnen ein glückliches Leben ermöglichen.“ Ihr Hengst Aghilasse ist als Deckhengst tätig, jedoch beschränkt Ghislaine seinen Einsatz auf maximal sechs Sprünge pro Jahr.

Fotos: Rislaine Point

1 Wikipedia

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Category: Besondere Themen, Pferdegesundheit

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