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Klassisch tölten? – Der Viertakt bei den alten Meistern

von Kaja Stührenberg +++ TEASER & LESEPROBE aus Feine Hilfen 48 +++

Der Begriff „Amble“ beschreibt ein laterales Gangmuster. (Stich: aus L’Art de monter à cheval, Le Baron d’Eisenberg)

Spätestens seit den Studien schwedischer Wissenschaftler aus dem Jahr 2012 wissen wir, dass die Gangart Tölt ebenso wie Trab und Galopp eine Folge genetischer Veranlagung ist. Auch die alten Meister waren sich dieser Gangart bewusst und erwähnen sie in ihren Schriften. Der Tölt war für sie jedoch eine Randerscheinung – für die höfische Reiterei oder das Kriegswesen war er wenig zu gebrauchen. In diesem Artikel der FEINEN HILFEN unternimmt die Historikerin und Gangpferde-Expertin Kaja Stührenberg eine historische Einordnung der Gangart Tölt. Zudem beleuchtet sie, inwieweit die alten Meister den Tölt in ihre Reitlehren einbanden und ob und wofür sie ihn wertschätzten sowie ausbildeten. In den Werken alter Meister liegt der Schwerpunkt der Reitlehre auf der Ausbildung eines Schulpferdes oder auf dessen Nutzbarmachung für Kampfzwecke. Dies ist nur folgerichtig, denn die Entstehungszeit der ersten Werke, die sich intensiv mit der Reitkunst befassen, war die Zeit der Renaissance und des Barock, in der die Reiterei zur Kunst wurde. Reiten diente als Ausdruck von Lebensart und Bildung und die Kampf-Gangarten wurden stilisiert. Unter den Begriffen l’Amble oder Zelt stößt man auch immer wieder auf die Erwähnung lateraler Gangarten wie den Tölt. Beispielsweise bezeichnet Newcastle (1658) den Pass mit gebogenen Hüften als dritten natürlichen (!) Gang. Guérinière (1733) sagt: „Der Paß (l’Amble) ist ein minder erhabener, aber bei weitem gestreckterer Gang als der Schritt.“ Eisenberg (1748) formuliert: „Ich habe unter den englischen Pferden fürtreffliche Zelter gesehen, welche einen natürlichen Zelt gegangen ohne zu traben.“ Ridinger (1760): „Der schulgerechte Paß ist ein sehr commoder Gang; es muß aber ein Pferd schon von Natur aus darzu incliniren.“ Diese Autoren kannten „Amble“ als bequeme (Reise-)Gangart, aber da er für die Schulreiterei kaum zu gebrauchen war, gaben sie ihm wenig Wichtigkeit. So schreibt Johann Elias Ridinger: „(…) dergleichen Pferde werden vor hohe Dames zu einem Spatzierritte gewidmet.“ Und Baron d’Eisenberg, Reitmeister am habsburgischen Hof schreibt: der Tölt war „eine Gangart, die besonders von Reisenden (…) benutzt wurde“.

Amble, Pass, Zelt oder Tölt?

Für den Tölt-Interessierten ist es etwas verwirrend, die uneinheitlichen Übersetzungen der Begriffe Amble, Pass, Zelt und Tölt richtig einzuordnen. Daher möchte ich hier einige Worte zu den schriftlichen und zeichnerischen Quellen verlieren. Unsere heutigen Erfahrungen und Erkenntnisse zur Gangart Tölt lassen uns für verschiedene Viertakt-Varianten genaue Unterschiede machen. Tölt, Pass, Passtölt, Trabtölt oder Walk sowie Ein-, Zwei- und Dreibeinstützen oder -fußungen differenzieren heute sehr genau die einzelnen Viertakt-Gangarten. In den alten schriftlichen Zeugnissen wird weitestgehend keine Unterscheidung gemacht, und die Begriffe Amble, Pass und Zelt werden munter durcheinandergemischt. Meist wird ein lateraler Gang (sei es Tölt, Passtölt oder Pass) mit einer unspezifischen Form von ambulare (Latein: gehen) bezeichnet, im Spanischen auch heute noch mit „ambladura“. Es hat seine Wurzeln im anglo-französischen ambler (= gehen wie ein Pferd). Das französische Wörterbuch Larousse konkretisiert, dass l’Amble eine Gangart der Vierfüßler sei, in der die beiden Beine einer Seite fast (!) zur selben Zeit auf den Boden auftreffen. Demzufolge l’Amble also kein Pass, sondern ein Passtölt oder Tölt wäre. Hieraus formte sich ab dem späten 14. Jahrhundert im Mittelenglischen das Verb „to amble“. Das mittelhochdeutsche, seit dem 10. Jahrhundert genutzte Wort Zelt wird auf Hochdeutsch überwiegend mit Passgang übersetzt. Zelt ist etymologisch verwandt mit dem mittelniederdeutschen Wort Telde, das seine Wurzeln wiederum im keltiberischen Thieldo hat und sich damit sprachlich eng an Teld und Zelt anlehnt.

Die alten Meister zur Tragkraft im Tölt

Bemerkenswert und teilweise übertragbar auf die heutigen Erfahrungen und Erkenntnisse in Bezug auf Tölt sind die Anmerkungen der alten Meister zur Ausbildung eines guten, bequemen Töltes. Auch heutige Tölt-Reiter wissen zu schätzen, wenn ein Pferd im Tölt seine Hinterhand gut einzusetzen weiß. Guérinière: „Wenn ein Pferd einen guten Paßgang/Zelt gehen soll, so muß es mit niedrigen und gebogenen Hanken gehen und die Hinterfüße einen großen Fuß über die Fußtritte der Vorderhufe setzen (…)“ Newcastle: „(…) und dieses heißt der warhafftige Paß (l’amble parfait), wann es im währenden Gang die Hüfften bieget, dann ausser diesen gehet es keinen bequemen Paß.“ Eisenberg äußert sich vergleichsweise ausführlich zur Ausbildung des Zelter-Ganges:…

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Kaja Stührenberg

…schreibt regelmäßig in FEINE HILFEN. Sie ist FN-Trainerin A und Ausbilderin der Internationalen Gangpferde-Vereinigung. Sie bildet Pferde und Reiter für anspruchsvolles Freizeitreiten aus und gibt ihr Wissen in Seminaren und Kursen, in ihren Büchern und auf Messen weiter. Neben ihrem Schwerpunkt der gesunden Gangpferde- Ausbildung fließen Aspekte der Working Equitation, des Geländereitens und franco-iberisch orientierter Dressurarbeit in ihre Arbeit ein. Kaja Stührenberg lebt und arbeitet mit ihrem Mann und ihren Pferden in der Lüneburger Hei
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Category: Besondere Themen

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